Die Ganzheitliche Tierverhaltenstherapie ist immer fair und artgerecht.
In der Ganzheitlichen Tierverhaltenstherapie sucht man zunächst die Ursache von problematischem Verhalten des Hundes durch die genaue Betrachtung seiner Geschichte, seines Umfeldes sowie seines gesundheitlichen und seelischen Zustandes. Nach ausführlicher Fallaufnahme wird ein Therapieplan erstellt, der aus einigen Änderungen im Alltag, einer Ernährungsoptimierung und ergänzenden naturheilkundlichen Mitteln oder Therapieformen bestehen kann. Sie unterscheidet sich vom reinen Hundetraining durch den ganzheitlichen Ansatz und die Unterstützung durch Naturheilkunde. Sie kommt erfolgreich zum Einsatz bei Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. Angst oder Aggression, stereotypem Verhalten, mangelnder Impulskontrolle oder Aufmerksamkeitsdefiziten. Es geht bei der Ganzheitlichen Tierverhaltenstherapie nie darum, nur ein Symptom wegzubekommen, sondern immer um einen nachhaltigen Weg, Hunden und ihren Halter*innen zu einem angenehmen, harmonischen Miteinander zu verhelfen. Die Ganzheitliche Tierverhaltenstherapie hat das Ziel, die allumfassende Lösung des Problems sein. Der Mensch bekommt die Chance, durch konkrete positive Zielsetzung mit dem Hund zu wachsen und neue Wege zu gehen.
Ein Beispiel:
Hypersexualität bei Rüden
Ab wann ist ein gesteigertes sexuelles Interesse bei Rüden behandlungsbedürftig? Bis wann ist es einfach nur anstrengend - für Halter*in und Hund? Was kann man tun, um das Leiden des jammernden, nicht mehr fressenden Rüden etwas abzumildern?
Viele Rüdenbesitzer*innen kennen das Problem, das sich besonders, wenn viele Hündinnen in der Nachbarschaft läufig sind, zeigt. Erst einmal ist das Verhalten ja ganz normal. Wenn die Rüden sich allerdings zu sehr an Pipistellen festlecken, speicheln und klappern, sollte man handeln, und zwar als erste Maßnahme direkt auf den Spaziergängen. Nehmen Sie Ihren Rüden an die kurze Leine und behalten Sie ihn an hochfrequentierten Gassimeilen bei sich. Zwei-, dreimal lösen reicht, danach kann der Hund einfach mitlaufen. Hilfreich ist oft schon, in der Mitte des Weges zu laufen und den Hund gar nicht auf den Grünstreifen zu lassen. Alternativ kann man auch einen Abbruch etablieren bzw. Pipistellen mit einem Tabu belegen. Welches die bessere Wahl ist, hängt vom Hund ab. Eine ewige Diskussion, in der der Rüde doch immer wieder markiert und schnüffelt, bringt nur Unruhe und Stress. Sinnvoll ist eine Arbeit für den Hund, die er unterwegs verrichten kann, auf die er sich konzentriert. Dieses kann zum Beispiel eine Ersatzjagd mit einem Futterdummy oder einfach eine kleine Futtersuche sein. Auch Balancierübungen sind eine gute Idee.
Wenn das allein nicht ausreichend hilft, können naturheilkundliche Mittel zum Einsatz kommen. Allen voran ist hier der Mönchspfeffer (Agnus Castus) zu nennen, der ausgleichend und regulierend wirkt. Er kann z.B. als homöopathische Globuli in Tiefpotenzen (D4, D6 o.ä.) gegeben werden. Meine Wahl ist meist der phytotherapeutische Weg, ich gebe Agnus Castus als Trockenextrakt, in der Apotheke frei verkäuflich erhältlich. Die Dosis rechnet man von der Humanverordnung herunter auf das Gewicht des Hundes. Kräuter sollten immer nur über einen kurzen Zeitraum gegeben werden! Alternativ oder zusätzlich habe ich auch schon mit Bioresonanz und Bachblüten, die immer individuell repertorisiert werden müssen, gute Erfolge erzielt. Ebenso gibt es die Möglichkeit, klassisch homöopathisch, mit Vitalpilzen oder anderen Nahrungsergänzungsmitteln zu arbeiten. Wenn die bewährten Mittel keinen Erfolg bringen, sollte eine komplette Anamnese des Hundes in Erwägung gezogen werden.
Bleibt ein jammernder Rüde immer so? Nein, das muss nicht sein. In meiner eigenen Gruppe, die aus mehreren intakten Hündinnen und Rüden besteht, habe ich die Erfahrung gemacht, dass einige Rüden bei ihren ersten Erfahrungen mit einer läufigen Hündin im Haus ganz schön durch den Wind sein können, bei jeder weiteren Läufigkeit aber erfahrener und cooler werden. Sie wissen, "wann es sich lohnt" - und dann trenne ich räumlich. Dazu reichen bei mir sicher geschlossene Zimmertüren. Ich bin kein Fan davon, Hunde während der Läufigkeit woanders hinzugeben, das muss aber jede*r für sich selber entscheiden. Manchmal gibt es ja Freund*innen oder Familienmitglieder, wo der Rüde oder die Hündin in der Zeit genauso gerne ist und man dadurch Spannung herausnehmen kann.
Kastration und Suprelorinchip. Bei Rüden, die wirklich extrem leiden, kann ein Chippen sinnvoll sein. Wenn der Rüde während der Läufigkeiten der Hündinnen stark abbaut und nur noch gestresst ist und man mit Management und naturheilkundlichen Mitteln gar nicht weiterkommt, kann probeweise ein Kastrationschip gesetzt werden. In den ersten zwei Wochen flutet dann das Testosteron noch weiter an, danach kann der Rüde deutlich ruhiger werden, denn durch den im Chip enthaltenen Wirkstoff Deslorelin gibt es eine Downregulation. Die Hoden verkleinern sich, die Libido ist eingeschränkt. Zeugungsfähig kann der Rüde zumindest zu Beginn dennoch sein. Die Chips wirken im Durchschnitt ein halbes bzw. ein Jahr. Es sind die Vor- und Nachteile ähnlich einer Kastration zu erwarten. Beim Auslaufen des Chips kann es zu Unsicherheiten kommen. Die Kastration ist der endgültige Weg, aus dem Rüden einen Kastraten zu machen. Dieser Weg muss gut überlegt werden, da er nicht reversibel ist.
Der Weg
Dem hypersexuellen Rüden hilft man aus seinem Hyper-Zustand - ganzheitlich und nachhaltig. Ein Umlenken auf andere Süchte ist sinnlos. Der Rüde muss lernen, wieder in die Ruhe zu kommen, sonst folgt nur eine Problemverlagerung. Auch wenn ein Chip gesetzt wird, muss ein Training, ein sinnvolles Management und ein Optimieren der Bedingungen gewährleistet werden, sonst wird aus dem eventuell unsicheren Hund vielleicht ein Nervenbündel oder (nicht selten) ein Jäger - denn wenn man ihm die eine Freude nimmt, ist das Jagen meist die nächste Wahl. Wir wünschen uns aber einen Hund, dessen Hormonsystem recht stabil abpuffern kann, der möglichst stress- und reiztolerant in seiner Mitte und dessen Gesundheit dadurch gewährleistet ist.